Mit dem Summen in all seinen Variationen verbündest du dich mit deinem Nervensystem und sorgst für dich. Summen ist auf jeden Fall die bessere Art, sich zu räuspern: Es schont deinen Hals, anstatt ihn zu reizen. Damit sorgst du gut für dich auf allen Ebenen des Seins: Körper, Seele und Geist profitieren.
Als Atemtherapeutin gebe ich dir hier Tipps an die Hand, wie du mit Summen startest. Egal, ob du es bisher noch gar nicht für dich entdeckt hast, ob du dich bereits hin und wieder beim Summen selbst «ertappst» oder ob du jetzt gerade entschieden hast, das Summen auszuprobieren.
Summen ist Stimm- und Stimmungspflege. Es ist eine einfache, direkte Art und Weise, wie du dich selbst beruhigst oder belebst. Das Summen gehört in jeden Notfallkoffer, damit du glücklich, gelöst und wohlgestimmt durch deinen Alltag lebst.
Inhalt
Tipps für deinen Summ-Start
Tipp 1: Finde die besten Momente im Alltag, um dich mit Summen zu entlasten
Bemerke zum Beispiel deine Räuspergewohnheiten: Räuspern ist für den Hals eine Belastung. Um das zu verändern, ist deine allererste Aufgabe, überhaupt zu bemerken, wenn du dich räusperst. In welchen Situationen kommt das vor?
- bei Halsbeschwerden oder während einer Erkältung
- in Redesituationen bei Unsicherheit
- wenn du etwas sagen möchtest
- bei Angst, innerer Unruhe oder negativen Gedanken
- wenn dich jemand anders mit Geräusper nervt oder ansteckt
- …
Bemerkst du im Alltag, wann du dich räusperst? Das ist die beste Voraussetzung, in Zukunft deinem Hals Schonung zu verschaffen. Fällt es dir noch schwer, im Räuspermoment zu beobachten, was geschieht und erst am Ende des Tages, wenn der Hals schmerzt oder die Stimme bricht, bemerkst du es?
Das ist völlig normal. Hast du den Verdacht, dass du dich oft räusperst, kannst du einen Schritt zurückgehen und dir das Bewusstsein dazu in den Alltag holen:
- überlege dir, in welchen Situationen dir das Räuspern wahrscheinlich passiert und beobachte gezielt
- bitte eine Vertrauensperson, dir Rückmeldungen dazu zu geben
- nimm Audio oder Video auf von dir in Redesituationen und schau dir an, wann Räuspern passiert
Egal welchen Ansatz du wählst, um deinem Räuspern auf die Spur zu kommen: Wunderbar, wie du dich zu dir selbst hinwendest und schaust, was dein Körper dir erzählt. Wenn Summen dir vertraut ist, nutze es jederzeit, wenn es dir hilfreich erscheint. Ist Summen neu oder ungewohnt für dich, lies weiter in den nächsten Startertipps.
Tipp 2: Summen einladen – bis es von selbst geschieht
Vielleicht ist Summen etwas, das dir einfach so geschieht? Wunderbar … ansonsten finde Zeit und Raum, das Summen in deinen Alltag einzuladen. Wann kommt es zu dir? Vielleicht in diesen Situationen:
- Du musst warten: an der Kasse, auf den Bus, in der Werbepause, etc.
- Du hast einen Impuls, dich zu räuspern
- Du bist gerade glücklich, traurig, verängstigt, stolz, etc.
- Du fühlst gerade nicht zu Hause in deiner Haut, deinem Leben oder deinem Umfeld
Sollte das Summen (noch) nicht ganz freiwillig deinen inneren Einladungen folgen, übe dich in Geduld und schule deine Wahrnehmung. Beobachte deinen Atem, erkunde deine Körperempfindungen und wecke deine Fähigkeiten, im Moment mit dir selbst «einfach» zu sein.
Nimm dich wahr im Hier und Jetzt
#8SAMMELN • Lebendig mit allen Sinnen
MIKROPAUSE • Eine Minute für dich
ATEMORAKEL • Wecke deinen Atemsinn
Manchmal braucht es eine Entscheidung: du willst summen? Du willst öfter oder in bestimmten Situationen summen? Du möchtest das Summen im Alltag gezielt nutzen, um z.B. mit deinen Räusperzwang einen halsschonenden Umgang zu finden? Also los: Entscheide dich jetzt fürs Summen und starte mit gelöstem Kiefer ins Tönen.
Tipp 3: Kiefer lösen und lossummen
Beim Summen entsteht ein Ton in deinem Mund, ein m oder so. Dabei ist es wichtig, nicht auf die Zähne zu beissen, sondern dem Summton Raum zu geben.
Fällt dir auf, dass deine Nackenregion angespannt ist und deine Kiefermuskeln eher hart? Nutze ein wohltuendes Gähnen, um den Gaumen und Rachen zu öffnen, dich vom Einatem füllen zu lassen und allen Körperglieder eine Dehnung zu schenken.
Wenn du gerade an einem Ort bist, wo du nicht mit offenem Mund gähnen möchtest, nutze Nasengähnen: 5 Tipps zum Nasengähnen: Teste jetzt «inneres Gähnen» Es hat fast den gleichen Effekt wie das offene Gähnen und der Trick dabei ist eben genau die lässige Öffnung des Kiefergelenks.
Tipp 4: Dem Summen Nachspüren
Lass dir nach einer Summ-Session – auch im Alltag! – ein paar Momente Zeit: Die soeben erlebten Wahrnehmungen brauchen ein bisschen Zeit, um in deinem Körper anzukommen und bis in dein Bewusstsein zu wandern. Sobald sie bei dir ganz angekommen sind, stellst du fest, dass du etwas dazu formulieren kannst:
- Vibriert es noch? Wo überall?
- Wie hat sich deine Stimmung verändert?
- Was spürst du an deinen Körperwänden?
- …
Das Nachspüren ist eine wichtige Phase bei jeder Beschäftigung mit deinem Atemgeschehen. Du gibst einen Impuls, mit Bewegung oder eben mit Tönen: Das bewirkt etwas. Nimm bewusst wahr, wie es JETZT ist, gerade nach dem Summen. Das ist deine Ernte!
Ilse Middendorf schreibt in ihrer Atemlehre zum M:
«Die M-Atembewegung läßt alle Zellen vibrieren – nicht nur die des Rumpfes, sondern auch der Arme und Beine und des Kopfes. Es ist schweigend und mit Summton zu üben, regt den Kreislauf an und regt Nerven und Gehirn auf. Die Tätigkeit der Organe wird gefördert. Es macht hellwach, wenn maßvoll geübt wird, und es macht benommen, wenn wir es länger üben. … M-Atmung macht warm.»
Tipp 5: Vom Summen ins Brummen, Schnurren, Singen, Knurren …
Wie hast du dein Summen im Alltag kennengelernt? Ist es ein hoher Ton oder eher ein tiefer Ton? Vielleicht verändert sich das auch im Laufe des Übens oder je nach Situation?
Probiere einmal aus, wie es für dich ist, den Summton aus dem Mund weiter absinken zu lassen, Richtung Becken. Spürst du, wie dein Kehlkopf vibriert? Kommt vielleicht ein tiefes Brummen zum Vorschein, ein Schnurren oder gar ein lockeres Knurren? All das darf sein – experimentiere damit, stets in deinem Mass und deinem Tempo.
Prof. Dr. Gerd Schnack hat über den grossen Ruhenerv geforscht. Der Vagusnerv (X. Hirnnerv) leitet Informationen von und zu den Organen und ist der wichtigste Player des parasympathischen Astes unseres Nervensystem. Prof. Schnack schreibt:
«Auch wir Menschen können schnurren wie eine Katze, und das in einem Frequenzbereich unter 40 Hertz: hierbei steht die Beruhigung des Körpers unter Stress im Vordergrund, und das auf einfache und schnelle Art. … Das Entspannungssignal wird durch Kehlkopfvibrationen über die drei S (Schnurren, Summen, Singen) durch den Vagus vermittelt.»
📖 Schnack, Gerd / Schnack-Iorio, Birgit (2022): Die Vagus Meditation. Der Entspannungsnerv: Wie Sie ihn aktivieren und damit Stress reduzieren. Stuttgart: Thieme
Anleitung zum Summen
Hier findest du eine Anleitung zum Summen von A bis Z. Probiere Summen als Atemübung aus und entdecke, was du dabei erlebst. Ich wünsche dir viel Vergnügen beim Tönen und einen freien Hals.
Mehr zum Summen beschreibe ich im Artikel Summen statt Räuspern. [Wird hier verlinkt, sobald veröffentlicht.]
Bonus-Tipp für scheue Menschen
Es ist dir unangenehm, unterwegs einfach losszusummen oder im Beisein mit anderen Töne von dir zu geben? Das geht vielen Menschen so! Hier ein paar Anregungen dazu:
- Reguliere deinen Summton im Mund (und im ganzen Körper) für dich so, dass du dich wohlfühlst
- Frage eine Vertrauensperson, ob und was man überhaupt hört
- Beobachte in der Öffentlichkeit, wo die Aufmerksamkeit der anderen Menschen ist: Haben sie verstöpselte Ohren und sind sie mit ihren Handys beschäftigt? ➡️ Was ist ein Bildschirm-Zombie
- Summe still für dich im Innern, wenn es dir unangenehm ist, einen hörbaren Ton von dir zu geben
Ich persönlich freue mich immer, wenn ich irgendwo einen Summton höre von einem vorbeigehenden atmenden Wesen. Es schafft Verbindung und bringt mich auch ins Hier und Jetzt, in den Kontakt zu mir.
Jetzt bist du dran!
Wann hast du zum letzten Mal gesummt und warum (nicht)? Was hast du dabei erlebt? Was möchtest du als Nächstes beim Summen ausprobieren? Teile mit uns unten im Kommentar ⤵️, was du zum Summen zu sagen hast oder was es dir bedeutet.