Susanne WagnerBildschirm💻Survivalkit
Mikropausen⏳Advent

So geht atmen (nicht!) Vom Wandermuffel zur Bergenthusiastin [Blogparade #FehlerLearning]

Porträt von Susanne nach dem Aufstieg auf einen Grat über 2000 Meter

Meine 12-Year-Buddine Danielle Berg ruft auf zur Blogparade «Für diese(n) Fehler bin ich wirklich dankbar ↗». Hm. Das hat mir schon viel Kopfzerbrechen gemacht, wie ich da mitschreiben kann und will. Danielle ist systemische Beraterin, «ich schaff’s»-Coach, Ideengeberin, Software-Entwicklerin. Sie ist Expertin für eine lösungsfokussierte Sichtweise und arbeitet gerne mit Kindern und Jugendlichen sowie mit Schulklassen. In ihrem Repertoire als Coach hat sie LegoSeriousPlay®zu bieten und als Bloggerin schrieb sie zu ihrer Brustkrebserkrankung unter Meine ungeplante Reise ↗. Mein erster Gedanke: Natürlich ist sie fit mit Dankbarkeit und Erkenntnissen zu «Fehlern»! Aber kann ich das auch?

Das erste, was ich über Danielle erfuhr, waren ihre Sonnenaufgangs-Spaziergänge – die haben mich echt beeindruckt! Nach vielen selbst spazierten Kilometern über Stock und Stein bin ich wieder da gelandet, wo immer alles anfängt: Bei meinem Atem und meiner Wahrnehmung. Was ist ein Fehler denn wirklich? Kann ich zu Fehlern stehen? Wie geht das mit der Dankbarkeit? So habe ich mir ein Thema rausgepickt, zu dem ich etwas zu sagen weiss. Früher schämte ich mich dafür und glaubte, das sei mein Fehler. Dieser Beitrag ist also nicht bequem für mich und braucht ein bisschen Mut, obwohl ich heute von mir sage: Schnee von gestern.

[Beitragsbild: August 2024. Nach drei Stunden Aufstieg auf dem Grat angelangt. Als erstes Thema zu Fehlern, für die ich dankbar bin, sind mir Wanderungen eingefallen, auf denen ich mich verirrte oder vom Weg abkam und deshalb Ungeplantes und Spannendes erlebte. Dafür erlebe ich natürliche Dankbarkeit.]


Welcher Fehler hat dein Leben nachhaltig beeinflusst, und warum bist du dafür dankbar?

Danielle Berg

Richtig atmen bei Anstrengung

Als Kind und Jugendliche war ich zwar gerne draussen, aber nie die schnellste beim Wandern. Das führte schnell zu Stress bei mir, wenn ich merkte, dass ich der Gruppe nicht gut nachkam. Oft hatte ich Seitenstechen, keuchte und schnappte nach Luft. Meine Brille beschlug sich und ich sah nicht mehr, wohin ich trat. Ich fühlte mich total elend und «die letzte».

Ich finde heute, das war ein schlimmer Fehler. Bewegung soll Spass machen. Wandern in der Gruppe die Gemeinschaft fördern. Draussen sein ein Bedürfnis nach frischer Luft und freier Natur erfüllen. Davon erlebte ich nichts, da ich in meinem Stress-Film gefangen war.

Niemand sagte mir damals, wie ich bei körperlicher Anstrengung gut atmen konnte. Alle rannten voraus und liessen mich in meinem Stress zurück. Wo war der Fehler? Ich dachte, ich müsste mich anpassen und schneller gehen, schaffte das aber damals nicht.

Das verursachte mir nur noch mehr Stress. Stress blockiert den Atemfluss. Also wurde ich langsamer, deprimierter und noch gestresster. Ein Teufelskreis, dem ich mit Vermeidung auswich. Kein Wandern in der Gruppe, wenn es ging. Heute weiss ich, wie ich bei Anstrengung richtig atme, damit ich eben nicht in Stress gerate, mein Körper optimal mit Sauerstoff versorgt wird und ich Energie und Power habe.

So macht es mehr Spass und damit wurde ich auch flexibler:

  • Einatem durch die Nase kommen lassen, auch bergauf!
  • Wenn es sehr streng ist, Ausatem über die leicht geöffneten Lippen entweichen lassen.
  • Der Atemrhythmus bestimmt die Schrittgeschwindigkeit.

Die Nasenatmung ist natürlich gesund: Die Luft wird angewärmt (besonders wichtig im Winter), angefeuchtet und gereinigt, bevor sie in die Lunge strömt. Die Lunge wird bis in ihre Basis belüftet und das Zwerchfell traininert, weil die Luft durch die Nasengänge mehr Widerstand und einen längeren Weg hat. Heute bin ich dankbar, das alles durch Erfahrung beim Wandern und Bewegen sowie in meiner Atemtherapieausbildung und -praxis gelernt zu haben!

Mein Tempo ist das Beste (für mich)

Viele Jahre später, als ich entdeckt hatte, dass ich auch gemütlich im für mich passenden Tempo wandern gehen konnte, fand ich den Schlüssel zu meinem perfekten Tempo: Meinen Atemrhythmus. So wie der Einatem kommt und der Ausatem geht – situativ angepasst an die Anstrengung mit dem Einatem durch die Nase. Zwischendurch mit dem Ausatem auch mal durch den Mund.

Ich bin gerne draussen und wanderte ebenso gerne. Mit Gruppen war ich aber ein «gebranntes Kind»: Entweder ich war allein unterwegs oder nach sorgfältiger Selektion mit gleichlangsamen oder sehr geduldigen Gefährten. Und ich entdeckte Erstaunliches: Im für mich perfekten Tempo kam ich weit! Im für mich perfekten Rhythmus kam ich auf (fast) jeden Berg. Im für mich perfekten Tempo war ich oben sogar noch genug fit für eine Alphorn-Improviation!

So kam ich zum Bloggen: Auf meiner ersten langen Wanderung in Südfrankreich im Frühling 2014 schrieb ich über meine Erlebnisse: Sentier Cathare mit Alphorn ↗

Das Pausen-Paradoxon

Diese Situation hatte ich gefühlt x-Mal erlebt: Als letzte der Gruppe schleppte ich mich um die letzte Kurve, wo alle andern gemütlich Rast machten. «Ah, jetzt ist sie ja da, nun können wir weiter!»

Ein riesen Fehler! Der Pausen-Bschiss! [Schummelei]. Natürlich hatten alle andern sich ausgiebig erholen können, aber ich noch nicht! Und ich hätte es von allen doch am Nötigsten gehabt. Mein Fehler: Ich sagte nichts. Stolperte weiter und dachte, es sei meine Schuld.

Ich ging davon aus, dass ich keine Pause verdient habe. Das war ein Fehler. Wenn ich eine Pause brauche, dann habe ich eine verdient! Das weiss ich heute und bin dankbar dafür. Oft gibt es andere Gründe, die Pause zu übergehen (mich zu übergehen), trotzdem übe ich mich immer wieder in meiner Wahrnehmung, was jetzt mein Rhythmus und mein Tempo ist – egal in welcher Situation. Nicht einfach, aber einfach nötig für mein gutes Leben.

Nicht nur beim Wandern, auch vor dem Bildschirm kann mensch schnell ausser Atem geraten: Pause gibt’s erst, wenn alles erledigt ist! Das glaubte ich früher. Heute nutze ich Mikropausen vor dem Bildschirm. Heute merke ich besser, wenn ich in Stress gerate und kann mich selbst regulieren. Ja, heute, in der Mitte meines Lebens, bin ich sogar eine geworden, die täglich spazieren geht.

Meine perfekte Mittagspause ist ein Spaziergang im Wald. Meine besten Ferien sind Wanderferien. Ich liebe es, mich beim Aufstieg anzustrengen und danach den Blick ins Tal zu geniessen, den Wind zu spüren und ihm Alphornklänge mit auf den Weg zu schicken. Heute bin ich eine, die auf jeden Berg will. Besonders auf einen. Dafür nehme ich mir aber genügend Zeit und geniesse das in meinem Tempo, meinem Rhythmus – zusammen mit anderen. Das würde mir längst nicht so viel bedeuten, hätte ich diese schlimmen Erfahrungen des Hinterherhechelns nicht gemacht in meiner Jugend.

Mein Fehler- und Dankbarkeitsfazit

Fazit: Leiden fördert die Dankbarkeit? Nicht ganz. Aber etwa so: Solange es nur eine Art und Weise gibt, etwas zu tun – oder eben ein Tempo, einen Rhythmus – hadere ich. Ich sehe mich und meine Herangehensweise oder Fähigkeiten als fehlerhaft und defizitär. Sobald ein Sowohl-als-auch der Möglichkeiten erlaubt ist, kann ich – an mir selbst orientiert – mein Bestes geben, voll dabeisein mit meinem Wesen, meinen Stärken und meinen aktuellen Fähigkeiten.

Das Leben ist eine lange Wanderung, die keiner alleine gehen soll, bei der Pausen lebenswichtig sind und das eigene Tempo, der eigenen Rhythmus stets vom Atem als Lebenstaktgeber wahrnehmbar ist. Sofern ich mein Bewusstsein, meine Wahrnehmung dahinrichte. Mein Atem ist mein Leben. Auf wen sonst sollte ich also hören, wenn ich mich frage, wie es denn nun richtig «geht»?

Durch diese Fehler habe ich, wie ich heute feststelle, eine Art Pausen-Empathie entwickelt. Beim Wandern oder Spazieren passe ich mein Tempo den langsameren Schritten an (Diese Anpassung finde ich oft keinen Fehler, sondern eine Einladung zum gemeinsamen Gehen).

Im Alltag und in meiner Atemtherapie-Praxis begegnen mir viele Menschen, die eine Pause brauchen, diese sich aber (noch) nicht selbst zur Verfügung stellen können. Heute ist das für mich ein Fehler, der «korrigiert» werden muss für die eigene Gesundheit, Zufriedenheit und das körperliche Wohlbefinden.

Das betrifft auch mich! Da kann ich mich wieder einmal an der eigenen Nase nehmen und schauen: Passt jetzt dieser Rhythmus für mich? Entspricht das jetzt meinem angenehm empfundenen Tempo? Wo passe ich mich an, obwohl es mich sehr viel kostet? Und wo bin ich einfach flexibel und es spielt keine Rolle?

Jetzt bist du dran!

Wie atmest du beim Sport oder bei Anstrengung? Machst du dir dabei Gedanken über richtig und falsch? Wie fühlst du dich dabei? Im Kommentar unten ⤵ kannst du mir schreiben, was dir durch den Kopf geht zum Thema «So geht Atmen (nicht)».

Wie steht es bei dir mit Fehlern, für die du heute dankbar bist? Hat dir ein «Fehler» beim Lebenslernen geholfen? Blogge einfach mit bei Danielles Blogparade oder teile deinen Erfahrungen unten im Kommentar ⤵.

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