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Mikropausen⏳Advent

5 Behauptungen zum Gähnen: Kopfzerbrechen nicht nötig – ich erkläre dir, was stimmt

hirnnerven: gähnen und kopfarbeit, Skizze gähnendes Mannzgöggeli mit Gehirn im Bauch

Wie gut weisst du Bescheid übers Gähnen? Ade Kopfzerbrechen: Hier findest meine Einschätzung zu 5 Erklärungen, die übers Gähnen kursieren. Beim Hirnen übers Gähnen wird es im Kopf vielleicht zu heiss: Kennst du die ideale Betriebstemperatur für dein Gehirn? Lies weiter um zu erfahren, was das mit Gähnen zu tun hat und wo Gähnen auf der Lustskala angesiedelt ist.

Gähnen macht Kopfzerbrechen: Was stimmt den nun?

Richtig oder falsch? 5 Dinge, die Menschen glauben, wenn es ums Gähnen geht

Schon seit der Antike zerbrechen sich Wissenschaftler den Kopf um der Ursache für das Gähnen auf die Spur zu kommen: «Ich kenne kein anderes Verhalten, welches eine so breite Palette an Funktionen hätte», sagt Dr.med. O. Walusinski, ein wichtiger Mann der Gähn-Forschung, in einer Reportage des Bayrischen Rundfunks zum Thema Gähnen. 

Punkte beim nächsten langweiligen Smalltalk mit Gähn-Widerrede! Erfahre hier, warum wir eben nicht gähnen, obwohl die meisten Menschen das immer wieder behaupten.

1. Gähnen zur Sauerstoff-Optimierung

Schon der griechische Arzt Hippokrates (4. Jh.v.Chr.) vermutete, dass Gähnen «schlechte» Luft aus der Lunge entfernen könne. Seither glaubten Wissenschaftler, das Gähnen diene dazu, den Sauerstoffgehalt in Blut und Hirn zu erhöhen, was sie als eine alternative Form der Atmung interpretierten.

Ende des 20. Jhs. bewies jedoch Robert Provine (2014, S. 49), dass auch bei einem höheren CO2-Gehalt in der Luft die Probanden nicht häufiger gähnten (bloss schneller atmeten, um mehr Sauerstoff aufzunehmen). 

Damit war die «Sauerstofflüge» entlarvt – jedoch nicht entkräftet. Noch heute wird diese Information weiterverbreitet. Laut Provine sind Atmen und Gähnen unabhängig voneinander, wenn auch beide den Atmungsapparat betreffen.

2. Gähnen für mehr Wachheit und Aufmerksamkeit

Am häufigsten gähnen wir vor dem Schlafengehen und am Morgen nach dem Aufstehen (vgl. Gähnen und Lebensrhythmus), also in Momenten, in denen wir besonders müde und schläfrig sind.

2007 überprüfte Guggisberg mit seinem Forschungsteam (2010, S. 47-54) diesen Ansatz mit Probanden, die besonders müde waren. Sie sassen in einem verdunkelten Raum und ihre Aufgabe war, in diesem schläfrigen und gelangweilten Zustand wach zu bleiben. (Schläfrigkeit und Langeweile führen bekanntlich häufig zu Gähnen, so auch die Definition auf duden.de).

Bei den Versuchsteilnehmenden wurde die Hirnaktivität gemessen – vor und nach dem Gähnen. Elektrische Gehirnströme verraten, wie wach und aufmerksam jemand ist: Die Hirnströme der Probanden waren vor und nach dem Gähnen gleich langsam (Deltawellen). Ein Weck-Effekt durch Gähnen konnte nicht beobachtet werden.

Gähnen macht uns also nicht wacher (und aufmerksamer), sondern wir gähnen, wenn und weil wir müde sind (vgl. auch Cubasch 2016, S. 41).

3. Gähnen für einen kühlen Kopf

Andrew Gallup (2010, S. 84), ein Evolutionspsychologe aus den USA, vertritt die Ansicht, dass Gähnen der Abkühlung des Gehirns dient. Dies beobachtete er bei Versuchen mit Menschen und Ratten. Gemäss Guggisberg und anderen Wissenschaftlern ist jedoch nach wie vor umstritten, ob Gähnen dazu dienen kann, die Gehirntemperatur zu regulieren.

Denn bestimmte Zentren im Mittelhirn können zwar Gähnen auslösen, sind aber gleichzeitig auch dafür zuständig, die Körpertemperatur zu regulieren. Guggisberg (2012, S. 8): «Normales Atmen durch die Nase dürfte effizienter sein, um kühles Blut zum Hirn zu befördern.»

4. Gähnen zum Ohrendruck lösen

Herzhaftes Gähnen schafft den Druckausgleich im Innenohr. Dies wissen wir alle aus eigener Erfahrung. Es öffnet die Eustachi-Röhre, die Mittelohr mit Nasen-Rachenraum verbindet.

So wurde Mitte des 20. Jhs. spekuliert, das Gähnen bewahre das Innenohr und das Trommelfell vor Schäden. Diese Idee konnte aber nicht bewiesen werden, denn auch beim Kauen und Schlucken öffnet sich die Eustachi-Röhre.

5. Gähnen als Kommunikationsmittel

Guggisberg (2012, S. 8) vermutet, die Lösung des Gähn-Rätsels könnte ausserhalb des Körpers liegen: Gähnen wird als unhöflich empfunden (findet auch der schweizerische Knigge). Unhöflich, weil es ein nonverbales Signal ist (von Schläfrigkeit und Langeweile).

In der zweiten Hälfte des 20. Jhs. wurde die ansteckende Wirkung des Gähnens erstmals formuliert und erforscht sowie dank der Spiegelneuronen mit der Empathiefähigkeit in Verbindung gebracht (siehe Gähnen und Empathie).

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Wahrnehmung vs. Wissenschaft

Bei der Selbstwahrnehmung gibt es kein Richtig und Falsch

Egal was die Wissenschaft beweist, wenn es um die eigene Wahrnehmung von Gähnen geht, gibt es kein richtig und falsch.

Wie angenehm ein Gähnen erlebt wird, hängt offenbar stark davon ab, wie ein Mensch seine Kiefergelenke zu dehnen vermag (vgl. Gähnen und Entspannung).

Wenn du das nächste Mal von einem Gähnen heimgesucht bzw. besucht wirst: Spüre dem «behaglichen Begleitgefühl» nach (Guggisberg 2012, S. 6). das durch die Kieferdehnung entsteht.

Tipp: Dem Gähnen nachspüren

So hast du am meisten davon: Nimm dir einen Moment Zeit, dem Echo des Gähnens in deinem Kopf nachzulauschen. Vom Rachen über die Nase bis ins Innenohr:

  • Wie wach oder schläfrig fühlst du dich?
  • Wie fühlen sich deine Augenhöhlen an?
  • Spürst du vielleicht ein Prickeln auf der Kopfhaut?
  • Zeigt sich ein Nachschwingen der Schädelknochen? 

Auch wenn viele Gähn-Hypothesen umstritten oder sogar widerlegt sind, deine persönliche Wahrnehmung stimmt immer. Fühlst du dich wacher, erfrischt, angeregt? Dann ist das so, selbst wenn die physiologischen Erklärungen dafür wissenschaftlich (noch) keine Grundlage haben.

Die Bewertung von Gähnen auf der Lustskala

Die Erklärungsversuche rund um die Ursachen und Wirkungen des Gähnens sind wohl nicht vollständig an den Haaren herbeigezogen.

Wahrscheinlich haben sie ihren Ursprung in der Wahrnehmung des eigenen Gähnens oder stammen aus dem Beobachten des Verhaltens von Tieren. Wenn Hippokrates vermutete, das Gähnen erneuere die Luft in den Lungen, hat er das wohl bei sich oder bei seinen antiken Mitmenschen so erlebt.

Das «behagliche Begleitgefühl» des Gähnens verschaffte ihm schon vor ein paar Tausend Jahren wohlige Erfrischung. Cubasch (2016, S. 39) meint: «Nach ausgiebigem Gähnen stellt sich ein angenehmes Gefühl wohliger Wärme ein und die Haut nimmt infolge der besseren Durchblutung einen rosigen Schimmer an.»

Gähnen erreicht 8,5 von 10 auf der Lustskala

Robert Provines Probanden verteilen dem Gähnen auf der Skala des lustvollen Erlebens (1 sehr schlecht bis 10 sehr gut) im Durchschnitt einen Wert von 8,5 (Provine 2014, S. 41).

Tipp: Gähnen als Schlafmittel (anstatt Kopfzerbrechen)

Gähnen kann helfen, weil es den Übergang von Wach- zu Schlafzustand unterstützt (siehe auch Gähnen und Lebensrhythmus).

«Rezeptfrei. Nebenwirkungsfrei. Kostenlos! Immer verfügbar.»

Für das Gehirn und jede Art von Kopfarbeit ist genügend und guter Schlaf unerlässlich. Das Gähnen ist «Rezeptfrei. Nebenwirkungsfrei. Kostenlos! Immer verfügbar.» (Croos-Müller 2014, S. 17)

Und wenn selbst die Schafe Oscar, Emily, Willy und Marie mit ihren Schlaftricks nicht helfen können, dann vielleicht Meerschweinchen Rodney:

Meerschwein Rodney schläft und gähnt

Schau dir das Video an und lass dich anstecken. Schlaf gut!

Umfrage zum Gähnen

Vielen Menschen ist das Erleben beim Gähnen bewusst

Über 500 Personen hatten bis Ende April 2019 an der Umfrage zum persönlichen Erleben von Gähnen teilgenommen. Von 543 Personen erlebten fast 60% beim Gähnen bewusst mit, was körperlich abläuft

Bei 48% (258 Personen) trifft dies eher zu, bei 10% (n=52) sogar deutlich. 18% (n=100) haben noch nie darüber nachgedacht oder wissen es nicht. Nur 4% (n=20) geben an, dass sie gar nicht mitbekommen, was körperlich bei ihnen beim Gähnen abläuft. 20% (n=113) schätzen, dass sie es eher nicht wahrnehmen.

Inspiration zum Gähnen

Dieser Artikel erschien erstmals 2019 in meiner Reihe «Newsletter zum Gähnen» mit Themen rund ums Gähnen, die von Andrew New­bergs Liste «12 wichtige Gründe zu gäh­nen» in «Der Fingerabdruck Gottes» inspiriert waren.

Aktualisiert und neu veröffentlicht: 1. Oktober 2022 von Susanne Wagner

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