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Rotelle – der Name ist Programm für mich: über die Kraft des Dazwischen [Blogparade #nudelfrage]

Hintergrundbild: Rotelle-Pasta (räderförmige Pasta/Naudeln). Titel: Rotelle: Der Name ist Programm für mich, #nudelfrage Blogparade

Vor vielen Tausend Jahren wurde das Rad erfunden. Seine Nützlichkeit war von Anfang an unbestritten und es brauchte Radmacher. Die deutsche Handwerksbezeichnung dafür heisst «Wagner» und ich trage diesen Familiennamen seit meiner Geburt (und habe nicht vor, ihn je abzulegen).

Als Atemtherapeutin interessieren mich die Formen des Rades genauso, wie die darin enthaltenen Leerstellen. Ich mag es, zu assoziieren und Lebensbereiche zu finden, in denen ich bei mir das Rad in seiner Form, Funktion und bezüglich Nützlichkeit wiederfinde.

Darstellen eines Rades: Aussenkreis, Innenkreis, sechs Speichen

In Sachen Pastaformen gehöre ich, Susanne Wagner, zu den Rotelle (oder Ruote, auf Deutsch «Räder»).

Der Nutzen von Zwischenräumen und die Kraft von Leerräumen faszinieren mich: Das sind materialisierte Pausen. Unterbrüche, wie du sie auf der Zeitachse sicher kennst. Pausen im Raum. Raum für Pausen.

Zwei Kreise zwischen Erde und Himmel

Zentrum und Aussenraum

Ein kleiner Kreis, der im grossen Kreis wohnt. Wie harmonisch das aussieht. Da spüre ich die Botschaft der Körperzentren, die entstehen, wenn ein Raum gefüllt ist und sich alles verdichtet: Zum Zentrum eben. Was gehört alles zu meinen Räumen? Im Körperinnenraum spricht Ilse Middendorf vom unteren, mittleren und oberen Raum (Meine Atemkollegin Karin Meinzer erklärt das im Detail). Im Aussen gehört der mich unmittelbar umgebende Raum immer noch zu mir. So weit wie ich mit ausgestreckten Armen hinkomme, das ist alles meins! Spürst du das auch in deinem Leben?

Es geht dann noch weiter: die Räume, in denen ich mich gerade aufhalte, auch sie gehören in meiner Wahrnehmung zu mir, denn ich spüre den Boden, die Akustik, die Atmosphäre – die Frage ist oft: Was mache ich hier? Will ich überhaupt hier sein? Lautet die Antwort nein, steht es mir frei, mich wegzubewegen. Denn: Noch weiter draussen in Richtung Kosmos ist die Natur, die mich als Ressource auffängt. Bis zum Horizont kann ich schweifen und hinter dem Horizont wieder zu mir selbst zurückfinden, zu meiner Herzkraft.

Balance und Symmetrie

Ist ein Rad nicht rund, dann eckt es an und dreht sich nicht geschmeidig. Gar nicht gut, wenn man vorwärtskommen will. Das Rad ist ein uraltes Symbol, z. B. im Buddhismus oder auch im modernen Coaching als «Wheel of Life», bei dem unterschiedliche Lebensbereiche reflektiert und im Gesamtzusammenhang betrachtet werden können. Wie gut würde das Rad jetzt für dich laufen?

Als Atemtherapeutin begleite ich meine Klientinnen und Klienten dabei, bei sich zu entdecken, wo es rund läuft beim Atmen und wo es aneckt. Dann finden wir Wege dafür, wie Ungleichgewichte wieder ins Lot kommen und Beschwerden sich lindern lassen. Wir erarbeiten mit Atem- und Körperarbeit «Alltagswerkzeuge», um sich selbstständig zu beleben oder zu beruhigen, gerade so, wie es die Situation erfordert.

Wichtig ist mir dabei, das Bewusstsein für die eigene Wahrnehmung zu stärken und die Geduld mit sich zu üben. Das eigene Tempo, den eigenen Rhythmus und das eigene Mass zu respektieren stellt eine Grundlage dar: Die Atembewegung ist dafür unsere Orientierung. Jeder Mensch hat von Natur aus ein individuell einzigartiges (und ursprünglich natürlich gesundes!) Atemgeschehen: Es geht nicht darum, etwas zu machen, zu kontrollieren oder zu verbessern, sondern darum, den eigenen Atemsinn wecken zu wollen.

Auf Achse

Drehen und vorwärts bewegen

Typischerweise sind Räder durch eine Achse verbunden und mit einer Ladefläche oder einem ganzen Vehikel ergänzt zu Transportzwecken. In der Atemtherapie kennen wir die Körperachsen: z. B. auf Beckenhöhe in sich selbst horizontal verbunden zu sein, ist wichtig für die Art und Weise, wie ich in der Welt stehe.

Früher wurde mir immer gesagt, ich sei ein «Fägnäscht» [zappelig, hyperaktiv] Innerlich bin ich auch heute noch ständig in Bewegung und hätte ich keinen Boden unter meinen Gedankenrädern, würde ich wohl durchdrehen.

Bodenkontakt und den Weg erfahren

Räder machen nichts anderes, als durch Bodenkontakt den Weg zu erfahren. Die Erfahrung ist ein Schlüsselwort in der Atemtherapie: So wie ich das jetzt erlebe, das ist (m)eine Erfahrung. Meine Wahrnehmung ist richtig, darauf darf ich mich verlassen, wenn es um Körperempfindungen und mein Atemgeschehen geht.

Vom Nutzen der Zwischenräume

Spannungsfelder im Dazwischen

Die Speichen verbinden das Innere (Nabe) mit dem Äusseren des Rads. Die Leerräume dazwischen haben die Form von Dreiecken. Das Dreieck als Form ist mit Spannungsfeldern assoziiert. Die Dreischenkligkeit ist ein Sowohl-als-Auch. Trotzdem kann immer nur eine Seite aufs Mal zum Zug kommen: Der Einatem strömt ein. Der Ausatem strömt aus. Es gibt (vielleicht) eine Pause, in der ich warte, bis der Einatem von selbst wiederkommt. (Atemschlüssel nach Ilse Middendorf)

Es gibt einen wunderbaren Text aus dem alten China zum Nutzen der Zwischenräume, in dem das Rad als erstes Beispiel genannt ist:

三十輻,共一轂,當其無,有車之用。埏埴以為器,當其無,有器之用。鑿戶牖以為室,當其無,有室之用。故有之以為利,無之以為用。

Dreißig Speichen vereinigen sich im Rad. Paßt ihr Nichts, dann ist das Sein des Rades zu gebrauchen. Man höhlt den Ton, um ein Gefäss zu gestalten. Paßt sein Nichts, so ist das Sein des Gefässes zu gebrauchen. Man meiselt Türen und Fenster (bei den Felshöhlen), um Wohnungen herzustellen. Paßt ihr Nichts, so ist das Sein der Wohnung zu gebrauchen. Daher schafft das Sein den Nutzen, das Nichts schafft die Brauchbarkeit.

Aus dem Dao de Jing von Laozi, zeno.org

Es ist über 20 Jahre her, dass ich diesen Text im Studium kennenlernte, trotzdem kann ich mich lebhaft daran erinnern, wie das war. Der Text hat mich seitdem begleitet und ist für mich so alltagsbezogen, dass er mir ständig in den Sinn kommt: Wenn sich die Rippen aufdehnen, wird die Magie der Zwischenräume aktiviert. Wenn ich ein Glas Wasser trinke, bin ich dankbar für den Hohlraum, der dies erst möglich macht.

Das Dreieck hat eine Spannkraft um das Nichts. Es braucht jede Seite, damit es nicht zusammenfällt. Alles ist verbunden und trotzdem sind die Gegenpole jeweils unerreichbar. Für mich bedeutet das: Es gibt nicht nur schwarz und weiss, es gibt auch das Dazwischen, das die beiden Polaritäten verbindet. Das Dreieck kann es leisten. Es soll mein Vorbild sein.

Kraftvoll durch Leerraum

Die Speichen halten das Rad zusammen und grenzen den Zwischenraum ab. Der Zwischenraum ist wichtig für die Konstruktion, er macht sie stabil und trotzdem leichtgewichtig. Heute gibt es natürlich Scheibenräder aus Carbon und dergleichen, bei historischen Rädern wurden die vorhandenen Materialien optimal ausgenutzt, um ein starkes und geläufiges Rad zu erhalten, das möglichst viel aushalten konnte.

So baue ich auch bewusst an meinen Leerräumen: Die stillen Zeiten. Pausen. Offline-Episoden. Das, was nicht ist, hält mich zusammen, schlussendlich. Im Geschehenlassen gelassen, das ist energietechnisch gut und dann läuft es rund bei mir.

Brauchst du jetzt eine kleine Pause vom Bildschirm? Ein paar Sekunden für deine Körperwahrnehmung, eine Kürzestpause, um wieder zu Sinnen zu kommen. Nutze eine Zufallsmikropause aus meinem Mikropausengenerator, um deine Sinne zu aktivieren, zurück in die Körperwahrnehmung zu kommen und dich wieder als ganzer Mensch zu fühlen:

Alltagsstatik

Was das Rad (im Innersten) zusammenhält

Die Nabe ist das Zentrum des handwerklichen Kunstwerks Prinzip Rad. Ist die Nabe nicht im Zentrum, kann die Spannung nicht ausgeglichen werden und die Konstruktion ist für die Katze. Was ist meine persönliche Nabe? Worum dreht sich bei mir alles im Leben? Ja, um den Atem. Da fehlt nur noch ein kleines l und schon sind wir beim Nabel, einem Körper- und Lebenszentrum bei den Urkräften.

Es geht ums Vertrauen, um den Halt in dieser Welt. Mit der bewussten Hinwendung zu Körperempfindung und Atemgeschehen pflege ich mein Vertrauen in mein Sein und mein Werden. Das vermittle ich auch meinen Klientinnen und Klienten: Lausche auf deine Atembewegung und erfahre, was gerade ist.

6 Speichen, 6 Arbeitstage

Die sechs Speichen, die das Rad zusammenhalten, stehen für mich für meine Alltagswoche mit 6 Arbeitstagen. Auch in der Schöpfungsgeschichte dauerte es 6 Tage, bis «alles» erschaffen war, worum die Welt sich dreht.

Kosmische Gedanken

Mondphasen

Die Kombination von Kreis und Dreieckssegmenten erinnert mich an die Mondphasen. Ich liebe den Mond! Ich freue mich jedes Mal, wenn ich am Himmel (auch tagsüber) sein käsiges Gesicht erblicke und frage mich immer noch, ob da wirklich ein Mann drin wohnt oder ein Hase?

64 Hexagramme

Im Yi Jing, dem Buch der Wandlungen aus dem alten China, finden wir die 64 Hexagramme überliefert. Hexagramme sind aus Strichen aufgebaut, die entweder einen Zwischenraum haben, oder durchgezogen sind. So ergeben sich – Moment mal – wie viele Möglichkeiten? Genau: 64 unterschiedliche Hexagramme.

https://de.wikipedia.org/wiki/Vierundsechzig_Hexagramme#/media/Datei:Diagram_of_I_Ching_hexagrams_owned_by_Gottfried_Wilhelm_Leibniz,_1701.jpg

Mittels Schafgarbenstängeln (oder Münzen) wurden die Zeichen rituell herausgearbeitet, um ein alle sechs Striche zu erhalten. Diese wurden dann dann gedeutet, um auf wichtige (Staats-)fragen Antworten und Erkenntnisse zu finden. Hexagramme können auch in Trigramme aufgeteilt werden. Das sieht man heute noch, z. B. in der Nationalflagge von Südkorea.

Auf meinem Blog gibt es das Atemorakel. Damit kannst du dir Fragen generieren lassen, die dich dabei begleiten, wenn du dein Atemgeschehen im Alltag beobachten und besser kennenlernen möchtest:

64 Punkte

6 Punkte sind ebenfalls schon lange ein Thema in meinem Leben: Seit über 20 Jahren arbeite ich in der SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte als Übertragungsspezialistin Blindenschrift. Die Brailleschrift (oder Punktschrift) basiert auf den 64 möglichen Zeichen, die aus den 6 Punkten (2 × 3) ertastet werden können. Damit werden Sprache, Formeln und auch Musiknoten dargestellt. Hier erzähle ich, was ich in den letzten 20 Jahren von blinden und sehbehinderten Menschen lernen durfte.


Das Rad: Es ist rund und einfach. Trotzdem ist es ausgeklügelt und komplex, flexibel und wandelbar. Stell dir einen Tag ohne Räder vor! Für mich hat das Rad etwas komplett Analoges. Es ist einfach ganzheitlich und polarisiert nicht.

Jetzt bist du dran!

Was bist du für eine Nudel? Das frage ich in meiner Blogparade. Hier findest du alle Infos dazu, wenn du selbst mitmachen möchtest. Ich bin gespannt auf deine Nudelperspektive und dein Nudel-Warum.

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  • Interessant, liebe Susanne, wie dein Nachname quasi die Pastform vorgibt. Mein Wheel of Life ist übrigens eckig. Das ist einfacher zu zeichnen 😉 Ich liebe diese Übung und auch bewusstes Atmen hilft mir, in stressigen Situationen eine kühlen Kopf zu bewahren. Viele Grüße Miriam

    • A
      Susanne von Atemhaus Wagner

      Liebe Miriam
      Spannend, dass ein Wheel auch eckig sein kann? Zum Zeichnen vielleicht praktisch, aber zum Fahren damit? Das erinnert mich an eine Form, wie Prozesse grafisch dargestellt werden können: Wie eine Blackbox. Ein Input geht rein, drin passiert irgendwas, ein Output kommt raus. Genau wie beim Atmen. 💡 Darauf können wir uns zum Glück verlassen. Trotzdem finde ich es natürlich immer spannend, dem nachzugehen, was in der Atem-Blackbox passiert. Einerseits über meine Wahrnehmung, wie ich meine Atembewegung und meine innere Welt erlebe dabei und andererseits mit Infos zu Wissenschaft und Forschung. Freut mich, dass es eine Atemübung gibt in deinem Leben, die dir in stressigen Situation hilft.
      Herzlich, Susanne

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